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Dyckerhoff Weiss Betonwerkstein-Tagung 2024: Wege zur Gestaltung der Transformation
15 mai 2024

Dyckerhoff Weiss Betonwerkstein-Tagung 2024: Wege zur Gestaltung der Transformation

Zukunftsweisende Fragen und Lösungen rund um den Baustoff Beton und den Betonwerkstein sowie dessen erfolgreiche Transformation in eine nachhaltige Zukunft standen im Fokus der diesjährigen Dyckerhoff Weiss Betonwerkstein-Tagung, die Ende April in Wiesbaden stattfand.

Ein zentraler Aspekt bei der Sicherung der Zukunftsfähigkeit von Unternehmen der Betonwerksteinbranche ist derzeit das Thema der „Transformation“. „Was tun wir, um der Branche den CO2-Druck zu nehmen?“ – mit dieser Frage begrüßte Martin Möllmann, Direktor der Dyckerhoff GmbH und Leiter des Verkaufsbereichs Weisszement, die rund 80 Gäste der diesjährigen Dyckerhoff Weiss Betonwerkstein-Tagung im Wiesbadener Info-Zentrum. Gleichzeitig brachte er damit auch die Zielsetzung der Veranstaltung auf den Punkt: Sie sollte verschiedenste Wege aufzeigen, die mit dazu beitragen, den Transformationsprozess erfolgreich zu gestalten. Dazu zählen innovative Bau- und Produktionsverfahren ebenso wie neue, CO2-reduzierte Zemente und Betone.

Potentiale des 3D-Drucks im Betonwerk
Eröffnet wurde die Veranstaltung von Prof. Dr. Sandra Gelbrich und Henrik Funke von der Technischen Universität Chemnitz (Forschungsbereich Leichtbau im Bauwesen). In einem spannenden Tandemvortrag zeigten sie die „Potentiale des 3D-Drucks im Betonwerk“ auf, sicherlich eine der künftigen Schlüsseltechnologien im Bauwesen. Im Fokus ihrer Betrachtungen standen die sog. „Additiven Technologien“ im 3D-Betondruck – immer untermauert mit einschlägigen Praxisbeispielen wie etwa der Herstellung dünnwandiger Fassadenelemente. Die zunehmende Überführung dieser Technologien ins Fertigteilwerk bedingt eine weitere Digitalisierung und Automatisierung in der Betonfertigteilindustrie. Zu beachten ist jedoch, dass die Verarbeitungstoleranzen der eingesetzten Betone relativ gering sind und es der Entwicklung und Anwendung robuster Betone bedarf. Die Reduktion des Zementgehalts ermöglicht die Verringerung des CO2-Fußabdrucks, insbesondere bei einer additiven Fertigung mit grober Gesteinskörnung. Der Einsatz klinkerreduzierter (bi- und ternärer) Zemente und rezyklierter Gesteinskörnungen führt jedoch zu zunehmenden Schwankungen der Ausgangsstoffe. Man benötigt daher neue Betone mit angepassten Zusatzmitteln für sichere, reproduzierbare sowie robuste Betone, so die Referenten in ihrer Zusammenfassung bzw. ihrem Ausblick.

Ein Blick auf die Optik von Betonoberflächen
In einem weiteren Vortrag beschäftigte sich Dr. Karl-Uwe Voss von der Materialprüfungs- und Versuchsanstalt Neuwied mit den „ästhetischen“ Aspekten des Betonwerksteins. Im Mittelpunkt seines Referats zur „Beurteilung optischer Beeinträchtigungen von Betonoberflächen“ stand der neue „Leitfaden für die Beurteilung von Flächenbefestigungen mit Betonbauteilen“, der von einem interdisziplinär besetzten Arbeitskreis über mehrere Fachverbände hinweg erarbeitet wurde. Vor dem Hintergrund, dass die optische Bedeutung von Bauteilen immer mehr zunimmt, soll er eine wichtige Grundlage für die Beurteilung optischer Eigenschaften von Betonoberflächen bilden. Ziele des Leitfadens sind daher zum einen die Beschreibung möglicher Ursachen für optische Abweichungen und zum zweiten die Erarbeitung objektiver Beurteilungsgrundlagen. In seiner Betrachtung ging der Referent unter anderem folgenden Fragen nach: „Wie groß ist die optische Bedeutung eines Bauteils oder Objektes?“, „Was sind produktionsbedingte bzw. unvermeidbare Farbschwankungen?“ oder „Wann gehen Ausblühungen über das übliche Maß hinaus?“. Explizit hob er die Bedeutung von Musterflächen hervor, mit denen man die gestalterischen Ansprüche an Betonprodukte im Vorfeld durch Bemusterung festlegen kann. Wichtig ist dabei jedoch, eine ausreichend große Anzahl an Produkten zur Darstellung der Farbe, Textur und Oberflächenbeschaffenheit unter Berücksichtigung der unvermeidbaren Schwankungsbreite.

Städte und Gebäude: Die Materialspeicher der Zukunft
Um die bereits im Eröffnungsvortrag angesprochenen Themen „Recyclingmaterial“ und „Betonzusatzmittel“ ging es anschließend in zwei weiteren Referaten. Sebastian Rauscher von der Heinrich Feeß GmbH & Co. KG aus Kirchheim/Teck stellte seinen Beitrag zu „Recyclingmaterial für Betonerzeugnisse“ unter den Leitgedanken der Kreislaufwirtschaft – ganz nach dem Motto „Städte und Gebäude sind die Rohstoffvorkommen und Materialspeicher der Zukunft“. Er zeigte dabei, was bei der Herstellung zu beachten ist, damit man vom Gebäudeabriss hin zu einem hochwertigen Rohstoff kommt und somit zur Gewinnung von qualitätsgesicherten und normgerechten, rezyklierten Gesteinskörnungen unterschiedlichster Typen. Weitere Aspekte in seinen Vortrag waren die Einsatzbereiche von R-Beton sowie die Regelwerkänderungen in der DIN 1045-2. Vor dem Hintergrund, dass CO2-optimierter Beton mit einer Reihe von technischen bzw. bauchemischen Herausforderungen einhergeht, wie beispielsweise Wasserbedarf und Verarbeitungszeit oder Verarbeitbarkeit und Pumpen, aber auch Frühfestigkeit und Dauerhaftigkeit, stellte Dr. Marco Decker von der Master Builders Solutions Deutschland GmbH aus Staßfurt „Betonzusatzmittel für nachhaltigere Betone“ vor. Er präsentierte dabei ein „Intelligentes Cluster System (ICS)“, welches über einen Mechanismus der verzögerten Freisetzung und Adsorption verfügt. Mit dem Hochhausneubau Edge East Side in Berlin stellte der Referent ein beeindruckendes und gelungenes Praxisbeispiel für den Einsatz von Low Carbon Concrete unter extremen Bedingungen vor. Unter anderem musste der Beton hier unter den Herausforderungen der Konsistenzerhaltung und Robustheit in eine Höhe von 140 m gepumpt werden. Last but not least plädierte er dafür, die Einsatzzwecke von Beschleunigern „neu zu denken“.

Klimafreundliches Bauen dank neuer Bindemittel
Abgerundet wurde der Vortragsteil von Christian Bechtoldt von der Dyckerhoff GmbH aus Wiesbaden, der sich – ganz im Sinne der eingangs postulierten Zielsetzung – mit „Bindemittel für klimafreundliches Bauen“ beschäftigte. Er zeigte, dass es grundsätzlich zwei Möglichkeiten gibt, um mit Hilfe optimierter Bindemittel bzw. Baustoffe die angestrebte Dekarbonisierung von Zement und Beton zu erreichen: Zum einen sind dies Bindemittel mit reduziertem Klinkerfaktor, also der Einsatz von Ersatzstoffen mit geringerem CO2-Footprint. Zum andern Bindemittel mit höherer Leistungsfähigkeit, so dass sich die Einsatzmengen im Baustoff bzw. im Bauteil spürbar reduzieren lassen. Zu ersteren zählt nicht zuletzt der neu entwickelte, CO2-reduzierte Zement Dyckerhoff Weiss BLUE STAR. Dieser Puzzolanzement wurde im vergangenen Jahr mit der Normbezeichnung CEM IV/A (P) 42,5 R vom VDZ zugelassen und ist seitdem im Lieferprogramm des Werkes Amöneburg enthalten. Gegenüber CEM I-Zementen wird bei der Produktion des Dyckerhoff Weiss BLUE STAR rund 15% weniger CO2 freigesetzt. Dabei wird weiterhin auf den bekannt brillanten Weißgrad Wert gelegt, die Helligkeiten bleiben identisch. Wie Christian Bechtoldt zeigte, beschäftigen sich die Dyckerhoff Experten bereits seit einiger Zeit mit alternativen Einsatzstoffen für die Weisszementproduktion, um auch hier den CO2-Fußabdruck zu verringern. Der enge Austausch zwischen den F&E-Einrichtungen von Dyckerhoff und Buzzi hat dazu geführt, dass die in Italien traditionell zum Standard gehörenden Puzzolane in den Fokus rückten und sich vor allem natürliche Puzzolane als geeignete Einsatzstoffe erwiesen, um Klinker zu ersetzen. Zudem zeigte sich, dass sich weiße Puzzolane gut in die Weisszementherstellung einbetten ließen. Eine Lösung die beweist, dass sich auch der Weisszement in eine CO2-effiziente Zukunft transferieren lässt.

Titelfoto:
Gastgeber und Referenten der Dyckerhoff Weiss Betonwerkstein-Tagung 2024 in Wiesbaden (von links): Martin Möllmann, Christian Bechtoldt, Dr. Karl-Uwe Voss, Dr. Marco Decker, Prof. Dr. Sandra Gelbrich, Henrik Funke, Sebastian Rauscher und Stefan Heeß.(Foto: Dyckerhoff)