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Köln, U-Bahnbaustelle Heumarkt
06 december 2010

Köln, U-Bahnbaustelle Heumarkt

Mit dem Einbau einer Zwischendecke aus dem selbstverdichtenden Beton Dyckerhoff Liquidur (SVB) wurde die Kölner U-Bahnbaustelle Heumarkt so stabilisiert, dass sie dem Druck des Grundwassers standhält.

Dank der schnellen und konsequenten Umsetzung dieser innovativen Lösung konnte auf das zunächst wegen starkem Frühjahrshochwasser des Rheins geplante Fluten der Baustelle verzichtet werden.

Vorgeschichte

Es ist üblich, Baustellen gegen zeitweiliges Hochwasser bzw. daraus entstandene größere Grundwasserdrücke durch Fluten zu stabilisieren. Die künftige U-Bahnhaltestelle Heumarkt in Köln galt für den Lastfall aus starkem Grundwasserdruck als instabil, da noch keine aussteifenden Bauteile vorhanden waren. Bilfinger & Berger als Generalunternehmer entschied sich auf Grund der vorangeschrittenen Planung für eine vorzeitige Herstellung und Fertigstellung einer massiven Betonzwischendecke auf der in Rheinnähe gelegenen Baustelle. Damit konnte die Sicherheit der Baustelle über die ursprünglichen 39,5 m auch bei 41,5 m Hochwasser gewährleistet werden. Durch die auf den Baustellen Bechergasse und Löwengasse gewonnenen positiven Erfahrungen und auf Grund der zeitlich engen Situation, immerhin hatte der Hochwasserstand schon 39 m erreicht, entschieden sich Bauherr, Überwacher und Bauleitung kurzfristig für den Einsatz des speziellen selbstverdichtenden Betons Dyckerhoff Liquidur (SVB) als innovative Lösung.

Dyckerhoff Liquidur (SVB) ist seit 2001 der erste in Deutschland zugelassene selbstverdichtende Beton, der über normale Anwendungen sogar für die Herstellung von Spannbeton im Transportbetonbereich zugelassen ist. Selbstverdichtender Beton entlüftet ohne Verdichtungsenergie selbstständig, füllt auch komplizierte Schalungen sicher und erreicht selbst weit entfernte Stellen der eingeschalten Bauteile. In spezieller Zusammensetzung besitzt er anpassbare Eigenschaften, z. B. hinsichtlich definierter Anfangsfestigkeit bei gleichzeitiger moderater Hydratationswärmeentwicklung, d.h. dosierte langsame und begrenzte Temperaturentwicklung im Bauteil. Dadurch werden unter Beachtung der klimatischen Randbedingungen Spannungen aus frühem Zwang zwischen Bauteilkern und Bauteilrand minimiert sowie das Risiko für Rissbildung im Bauwerk – und damit Fehlstellen - verringert. Er eignet sich daher insbesondere auch für den Einsatz im Rahmen von massigen Bauteilen zur Bauwerkssicherung.

Beschreibung der Rezeptureigenschaften - Betonkonzept

Der geforderte Beton wurde auf Grund der Bauteildimensionierung so konzipiert, dass die Betontemperaturdifferenz zwischen Kern und kritischer Randzone unter 10 Kelvin lag. Durch die Bindemittelkombination eines reinen Portlandzementes CEM I mit einem hochgeschlackten Hüttensandzement CEM III/B wurde zudem eine ausreichende Anfangsfestigkeit und eine moderate Hydratationswärmeentwicklung erreicht. Die Betontechnologen des Zentrallabors Nord/West der Dyckerhoff Beton erarbeiteten in enger Zusammenarbeit mit der Baufirma Bilfinger & Berger darüber hinaus durch Verwendung geeigneter Zusatzstoffe auch eine wirtschaftlich interessante Rezeptur.
 

Der selbstverdichtende Beton der Festigkeitsklasse C35/45 musste auf Grund der Bewehrungsdichte, der engen Bewehrungsführung und der Bauteilgeometrie mit Größtkorn 8 mm realisiert werden und wurde auf einen Wasserzementwert (w/z eq) von 0,5 eingestellt. Die langsame Festigkeitsentwicklung der Rezeptur (r=0,15) erforderte einen präzise geplanten kontinuierlichen Betonablauf und eine schnell beginnende und sorgfältige Nachbehandlung von mind. 4 Tagen bei Normklima 20°C, bei den vorherrschenden Beton- und Umgebungstemperaturen war dann eine Nachbehandlung von sechs Tagen erforderlich.

Zur Sicherstellung der langen Fließwege von der Einbaustelle bis zum jeweiligen Schalungsrand und einer ausreichenden selbständigen Entlüftung des Betons wurde die Konsistenz auf ein hohes Setzfließmaß eingestellt. Nach der Prüfung der ersten Fahrmischer wurde dann ein sogenanntes Verarbeitungsfenster für alle weiteren Lieferungen festgelegt. Die eng begrenzte Vorbereitungszeit erforderte auch hier eine Entscheidung der erfahrenen Praktiker des Dyckerhoff Beton Labors, die Produktionswerte des Transportbetonwerkes Porz wurden auf die anderen beiden Lieferwerke übertragen und am ersten Tag der Betonarbeiten individuell angepasst. Dabei stellte sich heraus, dass die Rezeptur selbst bei einem Setzfliessmaß bis 790 mm stabil und sedimentationsfrei einbaubar war.

Lieferlogistik

Für die Gesamtbaumaßnahme der Zwischendecke wurden 342 Fahrmischerfüllungen benötigt, die mit 21 Fahrmischern an vier Autobetonpumpen geliefert wurden. Über die Betonrezeptur wurden mehr als 4.500 t feine und grobe Gesteinskörnung und über 1700 t Zement und Zusatzstoffe in drei Werke zu einer gleichmäßigen Qualität ausgesteuert. Die gesamte Lieferlogistik wurde kontinuierlich über 45 Stunden und auch in der Rush hour stabil aufrechterhalten und durch 2 Zentraldisponenten, die entsprechend den Anforderungen der Baustelle die Fahrzeuge und die Produktion koordinierten, sowie durch sechs Mixer und sechs Werkslaboranten abgesichert. Neben der Präsenz vor Ort wurde in engem Kontakt zwischen Bauleitung, Baustellenüberwacher und Betriebsleitung jede Störung des kontinuierlichen Betonstromes umgehend beseitigt.

Überwachung

Geliefert wurden die rund 3.000 m³ Dyckerhoff Liquidur (SVB) für die U-Bahnbaustelle am Heumarkt aus den Transportbetonwerken in Porz, Pulheim und Wesseling-Berzdorf. Die speziell modifizierte Rezeptur erfüllte exakt die gestellten Anforderungen wie lange Fließwege, hohe Frühfestigkeiten und moderate Hydratationswärmeentwicklung.

Auf Grund der sehr kurzen Vorbereitungszeit waren Werksversuche zur Prüfung des Fliessmaßes nicht mehr rechtzeitig möglich. Diese sind aber lt. Bauordnung zwingend vorgeschrieben, um den reibungslosen Einbau des Betons in die komplizierte Bauteilgeometrie sicherzustellen. In Abstimmung mit dem technischen Überwacher der Betonlieferungen, ein Ingenieurbüro und die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen (RWTH), wurden die Prüfungen deshalb direkt auf der Baustelle durchgeführt. Dazu wurde anfänglich jeder Fahrmischer beprobt und einzeln freigegeben. Dies erforderte einen hohen personellen Aufwand, der durch die Werke und Labore sicherzustellen war. Das bedeutete, in jeder Schicht neben einem Disponenten gleichzeitig 2 Mixer, 2 Laboranten im Werk und einen Laboranten auf der Baustelle zu haben, und immer war die Betriebsleitung vor Ort.

Baustellenpersonal und Einsatz Überwachung

Die Überwachung der gesamten Betonlieferungen teilte sich naturgemäß in die Eigenüberwachung der Transportbetonwerke und die Annahmeprüfung der Baustelle, die im vorliegenden Fall durch das Büro Brameshuber+Uebachs Ingenieure GmbH und damit durch die Kompetenz der RWTH übernommen wurde.